Dauerhafte Übernachtung des Freundes der erwachsenen Tochter

Meine 20- jährige Tochter hat seit Anfang Juli einen neuen Freund. Nach einer Woche haben sie seitdem so gut wie jede Nacht miteinander verbracht, von Freitag bis Sonntag in der Regel bei seinen Eltern, von Sonntag bis Freitag bei uns. Er wohnt ca 20 km von uns entfernt und spart morgens durch die Übernachtung bei uns 20 Minuten Fahrzeit zu seiner Ausbildungsstätte. Ich will betonen, dass ich den Freund in Ordnung finde. Er hat gute Manieren und einen guten Einfluss auf den Schulfleiss und Ordnungssinn unserer Tochter.

Nach 2 Wochen und seitdem noch 1- 2 mal hab ich die beiden darauf angesprochen, dass

a) ich nicht glaube, dass es ihrer Beziehung besonders gut tut, wenn sie täglich bei- bzw. aufeinander hocken. Meine Tochter hatte bereits eine über 2- jährige Beziehung, in der sie zwar nur am Wochenende beieinander gschlafen haben, aber jeden Tag bis in den späten Abend zusammen waren. Diese Beziehung ging dann wegen der zu großen Nähe auseinander, sie wollten "doch noch mit der jeweiligen Clique" mehr abhängen und sich "austoben". Und jetzt macht sie meiner Meinung nach den gleichen Fehler wieder, wie "ein altes Ehepaar" aufeinander zu glucken.

b) dass es mich stört, dass er jeden Abend und jeden Morgen in unserem Haus ist. Er ist schließlich kein Familienmitglied und die ungewohnten Geräusche nimmt man ja doch besonders wahr. Ich schlafe dann immer schlecht. Seitdem sind sie vom Kinderzimmer neben unserem Schlafzmmer in den Keller (wir haben dort noch ein Gästezimmer) gezogen, zumindest nachts. Morgens um halb sechs zum Duschen kommt er aber immer nach oben ins Bad und das höre ich halt dann immer. Außerdem finde ich es nicht prickelnd, morgens ums sechs im Schlafanzug in die Küche geschlurft zu kommen und ihn dann schon sein Müsli schlürfend am Tisch sitzen zu sehen. Ich möchte dann eigentlich nur in Ruhe meinen Kaffe aufsetzen, ohne das Gefühl zu haben, mit dem Freund Konversation machen zu müssen.

Ich habe den beiden gesagt, dass ich nichts dagegen habe, wenn er 1- 2 mal in der Woche bei uns schläft, ich es aber völlig übertrieben finde, dass sie 5 mal in der Woche (zum Arbeiten, wo ich eigentlich überwiegend ruhig schlafen will) bei uns pennen und am Wochenende immer bei seinen Eltern. Dazu kommt, dass sie montags immer erst um halb elf nach dem Volleyball- Training entsprechend aufgeputscht kommen und er mittwochs um zehn Uhr nach dem Fußballtraining, sich dann erst mal noch am Kühlschrank bedient und ein bischen gequatscht wird, ich aber zwischen halb elf und elf Uhr meine Einschlafphase habe.

Meine Tochter hat darauf nur immer Tränen in den Augen, sagt, sie würden doch nicht stören, wären doch eigentlich immer nur in ihrem Zimmer oder aber im Keller- Gästezimmer und für ihn wäre es doch viel schneller von uns aus zur Arbeit zu kommen. Meine Frau meint nur, sie könne mich ja irgendwie verstehen, er habe aber doch so einen guten Einfluss auf die Tochter und täte ihr so gut. Sie würde im übrigen nichts von ungewöhnlichen Geräuschen mitbekommen. "Lass uns doch noch eine Woche abwarten, vielleicht kommen sie ja von selbst darauf. Wenn nicht, können wir uns dann ja mal zusammen setzen und sie mal fragen, wie sie sich das mit den Übernachtungen in Zukunft vorstellen."

Jetzt meine großen Fragen:
Bin ich einfach nur zu spießig, dass ich mich langsam nicht mehr in meinem eigenen Haus "zuhause" fühle und mich die ständige Anwesenheit des Freundes meiner Tochter stört?

Wenn mir das trotzdem jemand nachfühlen kann, wie und mit welchen Argumenten kann ich sie dazu bringen, nur noch 1- 2 mal in der Woche bei uns zu schlafen, ohne dass die Tochter und der Freund gleich denken, ich könne ihn nicht leiden und wolle ihn wegekeln?

Oder soll ich der Tochter zuliebe und für die um 20 Minuten verkürzte Fahrzeit des Freundes einfach nur zurückstecken (will ich aber nicht)?

Im voraus danke für Eure Meinungen. Tat schon mal gut, sich das so von der Seele zu schreiben.

Wie wäre es denn mit einer eigenen Wohnung für die beiden?
Mit 20 Jahren ist sie ja sicher alt genug dafür?

Wäre das für euch finanziell möglich?
Muss ja keine riesen Wohnung sein, 25-30qm tuen es ja sicher.

Kann dein Bedürfnis nach Privatsphäre gut verstehen.

Gruß

Michael

Hallo Michael,
zunächst erst einmal danke für deine Antwort.

Diese Lösung wäre mir aber zu banal. Ich möchte hauptsächlich erst einmal wissen, ob ich mit meiner Meinung bzw. meinen Empfindungen daneben liege oder richtig. Muss man sich heutzutage den Wünschen der Kinder einfach unterordnen? Ich meine, so ein Verhalten sowohl der Tochter als auch des Freundes hätte ich mir vor 20 Jahren niemals getraut. Man hatte Respekt vor den Eltern der Freundin und wollte sich positiv präsentieren.

Ich stelle mir derzeit zwei Fragen:

Ist meine Tochter die treibende Kraft? Nachdem ich schon mal meine Unzufriedenheit mit der ständigen Übernachtung geäußert habe, spricht sie ja mit mir nicht mehr über dieses Thema. Er schläft einfach nur bei ihr, basta. Wenn sie dadurch ihre Grenzen testen will, werde ich in Zukunft auch jede Bitte von ihr abschlagen.

Falls der Freund die treibende Kraft ist, fände ich ihn schon ganz schön dreist. Ich habe ihn auf meine Wünsche hingewiesen und wenn er dann trotzdem einfach jede Nacht bei uns übernachtet, ist das schon eine Unverschämtheit.

Davon kann ich derzeit nicht ausgehen. Also wird wohl meine Tochter diejenige sein, die ihn regelrecht auffordert, ständig bei uns zu übernachten.

Na ja, schaun wir mal. Spätestens am Wochenende ist ein klärendes Gespräch fällig.

LG
Ralle

Hallo Ralle,

herzlich willkommen hier erstmal von meiner Seite!

Also, verstehe ich Dich richtig, Michaels Vorschlag (den ich gut finde nebenbei bemerkt) findest Du deshalb banal, weil es Dir mehr darum geht, das Prinzip bzw. die Meinungen anderer zu hören zu dem Ganzen?

Wenn das so ist, hier einfach mal meine persönliche Meinung, vielleicht etwas losgelöst von dem eigentlichen Problem... ;-)

Du schreibst davon wie es vor 20 Jahren so ablief, was Deine eigenen Erfahrungen waren, als Du Deine Frau getroffen hast.
Meinem Mann und mir erging es da in etwa ähnlich, wir haben meist am Wochenende uns nur getroffen anfangs und das eine ganze Weile so, dann ging es auch nicht öfter, weil mein Mann seinen Wehrdienst in einer Stadt leistete, die weiter weg war.
Unsere Kinder sind erst knapp 5 Jahre alt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass wenn sie mal Anfang 20 sind, so wie Deine Tochter jetzt, ihre erste Liebe mit Sicherheit ganz anders verlaufen wird als es bei mir selber der Fall war.
Das ist auch in Ordnung so, jede Generation hat ihre eigene Art bzw. Rituale oder Gepflogenheiten, wenn es um die erste Liebe geht.

Das, was Dich heute stören mag, wirst Du in ein paar Jahren vielleicht sogar vermissen, diese "permanente" Familiennähe.

Gönn' Dir doch bei einer Tasse Tee mal den Versuch, in die Zukunft zu schauen - wie könnte es in einigen Jahren mit Euch allen weitergehen? Was wäre Dein Wunsch, wie soll es dann sein? Was wäre Dein absolutes Horrorszenario dann?

Vielleicht schaut nach diesem kleinen Gedankenausflug der alltägliche Kram nicht mehr ganz so störend aus wie jetzt... ;-)

Liebe Grüsse
und viel Geduld und Verständnis

wünscht Dir
Tina

Hallo

Herzlich Willkommen hier bei Elternfragen. net.

Mich würde noch interessieren, ob ihr noch weitere Kinder habt?
Denn wenn eure Tochter euer einziges Kind ist, könne es sein, dass du sie ungern gehen lässt?

Dann fällt mir immer ein Weiser Spruch ein, den ein Lehrer mir mit auf den Weg gegeben hat:

Kinder sind wie Uhren
Sie dürfen nicht nur immer aufgezogen werden
Man muss sie auch mal laufen lassen!

Bitte nicht böse auffassen, aber es könnte doch so sein.

Meine Tochter ist jetzt 17 Jahre. Ihr Freund, mit dem sie seit einem Jahr zusammen ist, geht genauso bei uns ein und aus wie umgekehrt. Beide sind in beiden Familien gerne gesehen "Dauergäste" bzw. Bestandteil der Familien.
Nächstes Jahr nach dem Abi wird ihr Freund ein Duales Studium ca. 500 Km entfernt beginnen. Die Reaktion meiner Tochter: "Dann suche ich mir, wenn ich mein Abi habe (2012), auch was in seiner Nähe und wir teilen uns dann eine Bude."
Fertig. Seit diesem Monat überweisen wir unserer Tochter ihr Kindergeld, von dem sie sich ihre benötigten Dinge selbst besorgen soll, um mit ihrem Geld zu wirtschaften lernt.


Bis bald
Tanja

Hallo Tina,

die Lösung mit der eigenen Wohnung wäre mir deshalb zu banal, weil ich ja nicht meine Tochter aus dem Hause vertreiben und meine absolute Ruhe haben will, sondern die Zahl der Übernachtungen des Freundes reduzieren möcht. Mir geht es um die Ausgewogenheit zwischen An- und Abwesenheit des Freundes. Mir geht das mit dem "er gehört jetzt zur Familie" und wohnt eben jetzt unter unserem Dach ein bischen zu schnell. Ich fühle mich da einfach überrumpelt.

Liebe Tanja,

danke auch für Deinen Beitrag. Du schreibst, der Freund Deiner Tochter geht auch bei Euch ein und aus, damit habe und hatte ich auch nie ein Problem. Aber schläft er auch von Sonntag bis Donnerstag bei Euch, turnt schon vor Euch in Eurem Badezimmer rum, oder ist er nur am Wochenende Übernachtungsgast? Wie gesagt, Frage der Angemessenheit und ob man vorher gefragt wird.

Ich habe auf jeden Falll nocj einmal mit meiner Frau darüber gesprochen. Sie will der Tochter gegenüber keinen Druck ausüben, weil sie befürchtet, dass sie überreagiert und das Vertauensverhältnis darunter leiden könnte. Sie geht davon aus, dass sie sowieso nur noch 2- 3 Jahre bei uns wohnt und diese Zeit mit ihr sollten wir genießen. Damit hat sie sicher recht, aber deswegen schön die Füße ruhig halten, alles runterschlucken und sich bloß nicht beschweren? Ich fürchte, da wird sich was in mir anstauen und irgendwann muss ich mir dann "Luft machen", weil es mir eben auf den Kecks geht, dieses Hase und Igel- Prinzip, wenn ich nach Hause komme, ist er schon da und wenn zum Frühstück komme auch. Sie meint auch, durch die Integration in die Familie könnten wir ihn ja auch mehr in die Hausarbeit einbinden. Da lasse ich mich aber mal überraschen! Bisher macht er außer sich am Kühlschrank zu bedienen, nichts.

Derzeit hat die Tochter einen gestauchten Halswirbel und er eine gebrochene Nase (vom Sport!!!), so dass ich im Moment noch nicht mal vorschlagen kann, dass es zumindest montags nach dem Volleyball- Training und mittwochs nach dem Fußballtraining keinen Sinn macht, sich erst danach bei uns zu treffen und zu übernachten. Ich warte erst einmal ab, wie es sich nach ihrer Genesung weiter entwickelt.

LG
Ralf

Hallo Schalkeralle

Schitt, ich hatte so einen tollen Text gerade geschrieben, jetzt ist er ausversehen gelöscht.
Du hast mir noch nicht die erste meiner Fragen beantwortet.
Ist euere Tochter euer einziges Kind?

Unsere Tochter ist jetzt ein Jahr mit ihrem Freund zusammen und es ging relativ schnell, das die Übernachtungen regelmäßig wurden, aber auch gegenseitig.
Der Freund hilft ohne großes Auffordern. Er kocht gemeinsam mit unserer Tochter für uns alle Mittagessen, gibt unserem Sohn Nachhilfe in Mathe und hilft bei Computerfragen. Jetzt in der dunklen Jahreszeit, werden bei uns die Gesellschaftsspiele wieder zum Tragen kommen. Ein Lieblingsspiel ist Therapie.- Besonders zum Kennenlernen sehr gut geeignet. Oder Doppelkopf.
Wir sind zwar keine Nudisten, aber bei uns zu Hause laufen wir auch in den Abendstunden bzw. am Samstag- oder Sonntagmorgen in Nachtpolter herum. Ist mir völlig egal, ob der Freund da ist oder nicht,- da muss er halt durch. Mitunter haben wir noch einen Bademantel an. Und am Wochenende gibts schon mal etwas gedränge, was das Badezimmer angeht. Aber, alles in allem nicht der Rede wert.
Würden wir keine Sympathie gegenüber dem Freund haben, wäre unsere Situation auch verständlich gespannter.
Doch eins müssen wir uns vor Augen halten, wo die Liebe hinfällt, können wir nichts ausrichten. Je mehr wir zetern und Einspruch haben um so intensiver wird die Beziehung zum Trotz.
Zum Glück sind die Zeiten vorbei, das uns Eltern vorgeschrieben haben, mit wem wir zu verkehren haben. Und das Kuppelgesetz,- gibt es "Gott sei Dank" nicht mehr.
Deine Tochter ist 20 Jahre. Was glaubst du, was sie und ihr Freund in den Nächten macht? Nichts, war du in diesem Altern nicht auch getan hast (hättest). Und letztendlich ist es auch Wurscht, was sie miteinander machen,- Geht dich auch nichts an, denn sie ist erwachsen. Und bitte nicht den Spruch: "So lange du die Füße unter meinem Tisch....." bitte nicht.
Du hast geschrieben, der Freund habe einen positiven einfluss auf ihren Ordnungssinn. Knüpfe an diese positive Eigenschaft an.

Das sind alles nur Gedanken, die mir spontan zu deiner Situation einfallen. Entschuldig, wenn es sich manchmal etwas hart oder evtl. unverschämt anhört, ist alles nicht böse gemeint.

Freu dich, wenn deine Tochter dich nicht schon bald zum Opa macht und vernünftig mit ihrem Körper und Verstand umgeht.

LG
Tanja

ich kann filliz nur beipflichten