Hallo zusammen,
meine Frau und ich suchen dringend Ratschläge, wie wir mit unserer Tochter Nathalie (8) umgehen sollen, die offenbar in einer tiefen Krise steckt und wir mehr oder weniger ratlos sind. Vielleicht will sich jemand von Euch das antun und das Nachfolgende alles lesen ?
Zur Vorgeschichte:
Unser Kind geht in die zweite Klasse, vor dem Unterricht meistens ca. 1 Stunde vorher in die Kinderbetreuung und hinterher in den Hort, wo meine Frau sie so gegen 15 uhr abholt. Sie ist immer fröhlich zur Schule gegangen und auch die "Wolke" (morgendliche Kinderbetreuung) und der Hort haben nie Probleme bereitet. Sie ist beliebt bei den Kindern. Schon auf der Straße vor der Schule wird sie umlagert und gedrückt von ihren Freundinnen. Doch nun scheint alles anders zu sein.
Seit nunmehr drei Wochen vergeht kein Tag, wo es nicht schon morgens Tränen gibt, dass sie nicht in den Hort will, dass sie nicht in die "Wolke" will, weil da angeblich niemand ist, mit dem sie spielen kann. Der Unterricht ist für sie kein Problem. Mittlerweile klammert sie sich jedes Mal an ihrer Mama fest und versteckt sich hinter ihr, damit andere Kinder sie nicht weinen sehen. (In der ersten Zeit hat sie auch Übelkeit und Bauchschmerzen vorgetäuscht, um zu Hause bleiben zu können.)
Auch die Erzieherinnen haben nichts aus ihr herausbekommen, was sie hat. Ihre Antwort ist in der Regel "Weiß ich selbst nicht". Hin und wieder kommen auch Argumente, die auf Verlustängste schließen lassen. Es ist schon so, dass andere Kinder es als normal ansehen, wenn unsere Tochter jeden Tag heult. So sind zumindest deren Kommentare. Die Hortbetreuerin erzählte dann auch, dass unser Kind seit 13 Uhr alle 10 Minuten ankam und nach der Uhrzeit fragte, um festzustellen, wann sie endlich abgeholt wird. Meine Frau findet dann unser Kind mit anderen Kindern spielend vor, sieht jedoch auch völlig verheult aus.
Vor kurzem geht meine Frau mit ihr wöchentlich zum Tanzunterricht, der ihr viel Spaß bereitet, wenn sie mittendrin ist. Aber kurz vorher fängt auch da die Heulerei an. Dann steht sie völlig verschnieft in der Gruppe, wenn es dann anfängt mit dem Tanzen, wobei sie sich dann auch fängt und dann geht's.
Vor ein paar Tagen hatten wir ein Gespräch mit einer Mutter von einem Jungen und einem Mädchen, die ebenfalls in die Klasse meiner Tochter gehen, mit denen unser Kind auch befreundet ist.
Die Mutter ist recht engagiert in der Schule und erzählte uns etwas über unser Kind, wie sie sich so im Schulalltag verhält und was sie für ein Mensch zu sein scheint.
Tatsächlich ist sie immer so etwas wie eine kleine Anführerin gewesen und hatte nie Schwierigkeiten mit anderen Kindern zu spielen. Die sind meistens alle von selbst gekommen, sodass Nathalie sich nie um Spielgefährten kümmern musste. Sie stand immer mehr oder weniger im Mittelpunkt. Allerdings hatte sie wohl auch die Angewohnheit Freundinnen abzuwerben. So geschehen bei der Tochter der vorgenannten Mutter, die ihrer Mutter oft in völliger Verzweiflung erzählt hatte, dass Nathalie ihr schon wieder eine Freundin weggenommen hätte. Insgesamt soll das 4x passiert sein. Wenn das Kind mit einem Mädchen gespielt hat, kam Nathalie hinzu und fragte das Mädchen, ob sie nicht bei ihnen mitspielen wolle und schon war's passiert, dass das andere Mädchen allein zurück blieb. Dieses Verhalten mag wohl bei Kindern in dem Alter normal sein, doch wundern tut es uns schon, da unser Kind immer ein sehr soziales Verhalten gezeigt hat.
Aber irgendwie scheint sich was gewandelt zu haben in der letzten Zeit, dass zunehmend mehr Kinder sich evtl. von ihr abwenden und nicht mehr das machen oder spielen wollen, was Nathalie möchte. Freundinnen hat sie zwar immer noch dieselben wie sonst, erzählt sie jedenfalls, aber scheinbar gibt es Probleme auf dem Schulhof Spielkameradinnen zu finden. Gestern zum Beispiel als meine Frau sie fragte, mit wem sie denn so gespielt habe, erzählte sie mit leiser Stimme, in der viel Bitterkeit mitschwang, dass niemand mit ihr spielen wollte und so hatte sie alleine gespielt.
Jeder Schultag wird auf's Neue für sie zur Belastung. Auch zu Hause hat sie Phasen, wo sie oft traurig ist und schon an den nächsten Schultag denkt, was wir von ihr schlichtweg nicht kennen.
Für meine Frau ist es auch eine ziemliche psychische Belastung, ihr weinendes und schluchzendes Kind jeden Morgen in die Klasse abziehen zu lassen.
Nathalie selbst erzählt von sich aus sehr wenig aus der Schule. Man muss ihr alles aus der Nase ziehen und dann verschweigt sie offenbar auch noch eine ganze Menge. Was die Mutter der beiden Kinder erzählte, was uns völlig neu. Ich habe versucht mit vorsichtigen Fragen, wenn ich mit Nathalie alleine unterwegs war, heruaszubekommen, wie so ihr Tagesablauf jeweils heute gewesen ist und bekomme doch nur allgemeine schwammige Antworten, die auf nichts Negatives schließen lassen.
Ich habe jetzt sehr viel geschrieben und sicher gäbe es noch mehr dazu, aber ich denke, das ist soweit das Wesentliche.
Vielleicht kennt jemand solche Situationen, so ein Verhalten? Vielleicht (und hoffentlich) ist es nur eine Phase, die wieder vorüber geht. Aber wir stellen uns die Frage, ob wir etwas tun können oder müssen oder ob sich das von selbst wieder richtet. Vielleicht kann uns jemand von Euch ein paar Tipps geben. Würde uns sehr freuen.
Danke jedoch an alle, die bis zum Ende des Textes durchgehalten haben.
Viele Grüße
Achim